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Montag, 11. September 2017

Konzert: Tori Amos in Den Atelier Luxembourg, 10.09.2017



(Das Foto hat Dirk gemacht)


Mehr als eine kleine Frau und ein großes Klavier braucht es manchmal nicht.

Tori Amos wollte ich schon seit geraumer Zeit mal live sehen. Aber Eintrittspreise, Ort und / oder jeweils aktuelles Album ließen mich dann von einem Besuch absehen. Für ein Konzert im übersichtlichen Den Atelier (Kapazität 800 Zuschauer) in Luxembourg konnte ich mich erwärmen. 


Neben Toris Equipment ließ die Bühne nicht viel Platz, aber für die drei Herren von Bell X1 reichte es allemal. Die irische Band wird Amos bei allen Konzerten außerhalb ihrer Heimat begleiten. Dort sind sie eine ziemlich große Nummer und wahrscheinlich als Support Act zu bekannt. Bell X1 habe ich ca. 2003 bereits als Vorgruppe von Starsailor erleben dürfen. Nach fast 15 Jahren ist eine Auffrischung angebracht. Pünktlich um 20 Uhr begann deren 30 minütiger Auftritt. Den ersten Song "Upswing" des 2016er Albums "Arms" hatte ich noch im Ohr. Die weiteren Titel plätscherten weitgehend vor sich hin, Leonard Cohen wurde mit "In my secret life" gehuldigt. Den Job einer Vorgruppe hat Bell X1 an dem Abend souverän erledigt. 



Für die ersten Auftritte ihrer aktuellen Tour verzichtet Tori Amos auf eine Begleitband. Ich bin gespannt, ob die ersten Konzerte in den kleinen Clubs als Aufwärmphase dienen und sie für die großen Hallen Begleitmusiker einspannen wird. 

Am Eingang der Location passierten die Besucher einige Kisten und Tonnen mit Tori Amos' "Catering". Ich wüsste schon gerne, was in solchen Tonnen angeliefert wird. Ich vermute, die Crew konnte sich hinreichend stärken. Es galt ja immerhin, das Bösendorfer Piano auf die Bühne zu wuchten. 


Vor dem Auftritt schauten dann noch einmal der Klavierstimmer und gleich mehrfach der "Tastenputzer" vorbei. Offensichtlich legt Frau Amos wert auf eine tadellose Vorbereitung. Nach fast 30 Jahren im Geschäft hat sie diesbezüglich sicher einige Pannen erleben müssen. 

Tori Amos' Setlists sind sehr dynamisch und daher für das Publikum meist eine Wundertüte. Hardcore-Fans wird das nicht schocken, ich verzichtete aber darauf, den gesamten Back-Katalog auswendig zu lernen. Allein durch die Vorbereitung auf Basis der letzten drei Konzerte kamen mir schon einige Songs unter, denen ich in der Vergangenheit nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Zumindest der Opener "i i e e e" von "From the choirgirl" war vorhersehbar. Anschließend sorgte eine XXL-Version von "Crucify" zu Begeisterung im Publikum. Mit "Fire on the side"ging sie danach sogar zeitlich noch einen Schritt weiter zurück, um anschließend mit "Jackie's strenght" wieder bei "From the choirgirl" zu landen. Für "Fire in the side" studierte Amos noch kurz ihre Aufzeichnungen, die Rolle einer leicht verwirrt-schrulligen "old lady" verkörperte sie an diesem Abend glaubhaft.  

(Foto von Dirk)

Mit "1000 oceans" (welches sie wie "Mary's eyes" von der aktuellen Platte ihrer Mutter widmete) verblieb Amos noch im letzten Jahrtausend, von dort war der Weg zu "Tear in your hand" vom Solo-Debüt auch nicht so weit. 

Während ihrer aktuellen Konzerte präsentiert Tori Amos jeweils zwei Cover-Versionen im "Fake Muse Network". Gestern waren es "Famous blue raincoat" (ja, noch einmal Leonard Cohen an diesem Abend) und "A case of you" von Joni Mitchell. Mit "Reindeer king" (der einzige Titel des aktuellen Albums "Native invader", auch hier werde ich mit Interesse verfolgen, ob im Verlauf der Tour weitere aktuelle Songs auf die Setlist befördert werden) endete für mich eine kleine Durststrecke mäßiger spannender Titel.

(Noch ein Foto von Dirk)

"Ruby through the looking glass" war eine weitere Überraschung im Set, die Begleit-EP zur "Welcome to sunny Florida"-DVD hatte ich tollkühn in der Vorbereitung vernachlässigt. Tori Amos' erfolgreichstes Album "Under the pink" wurde mit "Cloud on my tongue" bedacht. Richtig Fahrt nahm sie dann noch mal mit "Blood roses" von "Boys for Pele" auf, bislang eine der wenigen Konstanten auf der Tour. "Bliss" von "To Venus and back" beendet das Set, mit den Zugaben "Flavor" vom 2009er Album "Abnormally attracted to sin" und einer sehr langen Version von "A sorta fairytale" von "Scarlet's walk" macht die Musikerin gut 100 Minuten voll. 


Die Setlist:

  • i i e e e
  • Crucify
  • Fire on the side (von Y Kant Tori Read)
  • Jackie's strength
  • 1000 oceans
  • Tear in your hand
  • Famous blue raincoat (Leonard Cohen)
  • A case of you (Joni Mitchell)
  • Reindeer King
  • Ruby through the looking-glass
  • Cloud on my tongue
  • Blood roses
  • Bliss
  • Flavor
  • A sorta fairytale


Wahrscheinlich müsste ich ein besserer Fan sein, um Toris Set uneingeschränkt genießen zu können. Aber bis auf die erwähnte Durststrecke fühlte ich mich gut unterhalten und Toris spürbare Spielfreude ergriff mich durchaus. Schön, sie in einer solch intimen Atmosphäre gesehen zu haben. 

(Und noch einmal ein Foto von Dirk)